Grundbildung – Alphabetisierung

Grundbildung – Alphabetisierung

Kompetenzen im Lesen und Schreiben sind im Allgemeinen Voraussetzung für die Aufnahme eines Lernprozesses. Deshalb ist die Alphabetisierung ein wichtiger Baustein der Grundbildung. Die Grundbildung umfasst aber weit mehr als nur Lesen, Schreiben und Rechnen: Sie ist das, was Menschen befähigt, in umfassender Weise politisch, kulturell, sozial und beruflich an der sie umgebenden Gesellschaft teilzuhaben. Der ganzheitliche Bildungsanspruch der Volkshochschulen geht damit weit über eine arbeitsmarktpolitische Verwertbarkeit von Grundbildung hinaus. Aus diesem Grund orientieren sich die Kursangebote der Volkshochschulen nicht am Bedarf der Gesellschaft, sondern an den Bedürfnissen des Einzelnen, über die er selbst bestimmt. Diese Selbstbestimmung beginnt bereits bei der Entscheidung des Einzelnen über die Aufnahme eines Lernprozesses.

  • Interner Bereich

    Die Volkshochschulen in Baden-Württemberg finden weitere Informationen im passwortgeschützten internen Bereich.

Kontakt

Murat Schumacher-Gürel

Murat Schumacher-Gürel

Leitung
Susanne Reinhardt

Susanne Reinhardt

Sachbearbeiterin

Besser lesen und schreiben lernen

Der Werbeclip der Volkshochschulen thematisiert die Alphabetisierung von jungen Menschen im Übergang Schule-Beruf. Als Deutschlands größter Anbieter für Lese- und Schreibkurse bieten die Volkshochschulen Menschen in allen Lebenslagen die Möglichkeit ihre Lese- und Schreibkompetenzen zu verbessern.

LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität

Die im Jahr 2010 durchgeführte Level One Studie der Universität Hamburg zeigte auf, dass der Anteil der Funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten in Deutschland damals bei 7,5% der erwerbstätigen Bevölkerung lag.
In der zweiten Studie, die den Titel LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität trägt, wurde der Begriff des funktionalen Analphabetismus, dessen Verwendung sich als stigmatisierend und stark erklärungsbedürftig herausgestellt hat, durch den Begriff der geringen Literalität ersetzt. Außerdem stand hier nicht mehr nur die Quantifizierung der Zielgruppe im Vordergrund, sondern auch, wie gering literalisierte Menschen ihr Leben gestalten und mit welcher Häufigkeit und jeweiligen Praktiken sie Handlungen im digitalen, politischen, finanziellen und gesundheitlichen Bereich ausführen. Die Ergebnisse dieser Studie wurden 2019 veröffentlicht; ihnen zufolge hat sich die Anzahl der Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten in Deutschland zwar verringert, ist aber dennoch signifikant hoch: 20,5% der deutschsprachigen erwachsenen Bevölkerung lesen und schreiben auf Grundschulniveau, während 12,1% als gering literalisiert gelten. In der Gesamtgruppe der gering literalisierten Personen befinden sich mit einem Anteil von 58,4% mehr Männer als Frauen, mehr Menschen mit Deutsch als Erstsprache (52,6%), mehr Ältere als Jüngere. Des Weiteren ist der Großteil der Betroffenen erwerbstätig (62,3%), geht jedoch einfachen Tätigkeiten mit niedrigem Einkommen und geringen beruflichen Aufstiegschancen nach.

Die LEO 2018-Studie zeigt: Gering literalisierte Menschen sind häufig unsicher und nur begrenzt in der Lage, Alltagsentscheidungen zu treffen. Erfolgt die Nutzung digitaler Medien überhaupt, dann meist nur eingeschränkt. Zudem unterliegen Betroffene oft größeren gesundheitlichen Risiken, da es ihnen zum Beispiel oft schwerfällt, Beipackzetteln von Medikamenten die für sie relevanten Informationen zu entnehmen oder Anamnesebögen, Behandlungsformulare etc. auszufüllen. Ebenfalls auffällig ist, dass sich Betroffene in der Regel seltener über politische Themen informieren und austauschen. Auch befindet sich in der Gruppe der gering Literalisierten ein hoher Anteil an Nichtwählern sowie an Personen, deren bürgerschaftliches Engagement vergleichsweise gering ist.

Die Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung

Ziel der Alpha Dekade ist es, die Kompetenzen gering literalisierter Menschen im Lesen und Schreiben in den nächsten 10 Jahren (2016 – 2026) deutlich zu verbessern. Dies gelingt durch mehr Grundbildungsangebote und indem mehr Menschen an diesen teilnehmen. Das Kuratorium der AlphaDekade hat in einem Arbeitsprogramm festgelegt, wie dieses Ziel zu verwirklichen ist. Die fünf Handlungsfelder dieses Förderprogramms sind:

  1. Öffentlichkeitsarbeit, um die Bevölkerung für das Thema Analphabetismus zu sensibilisieren, Vorurteile abzubauen und Lern- und Unterstützungsangebote bekannter zu machen.
  2. Forschung, um Ursachen für funktionalen Analphabetismus zu erforschen und Lernangebote passgenau auf die Lernenden zuzuschneiden.
  3. Lernangebote, die sich an den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Lernenden orientieren. Die Angebote sollen alltags- und praxisbezogen und auf die verschiedenen Zielgruppen zugeschnitten sein.
  4. Professionalisierung der Kursleitenden in der Grundbildung, bei Lehrkräften an den Schulen und in der Jugend- und Erwachsenenbildung, um den individuellen Bedarfen der Lernenden gerecht zu werden.
  5. Der Aufbau von Strukturen zwischen bestehenden Weiterbildungsangeboten und Grundbildungsangeboten sowie die Sensibilisierung von Mitarbeitenden in öffentlichen Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen.

Grundbildung in Baden-Württemberg
Zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Verbänden und Ministerien, hat das Kultusministerium im Jahr 2017 den Landesbeirat für Alphabetisierung und Grundbildung ins Leben gerufen. Insgesamt gehören dem Landesbeirat fünf Ressorts der Landesregierung sowie 33 Verbände beziehungsweise Beratungsgremien an, zu denen zum Beispiel auch der Volkshochschulverband Baden-Württemberg sowie die Landeszentrale für politische Bildung zählen.
Des Weiteren fördert das Kultusministerium seit dem Jahr 2018 den Aufbau von Grundbildungszentren im ganzen Land. Derzeit existieren acht Grundbildungszentren, wovon sechs an Volkshochschulen angesiedelt sind. Die Grundbildungszentren haben die Aufgabe, Netzwerke z.B. mit Arztpraxen, Schulen, Kindergärten, Tafelläden, Arbeitsagenturen, Unternehmen etc. aufzubauen, um Betroffene besser erreicht zu können. Überdies sind sie für die Beratung von Betroffenen, Eltern oder Lehrkräften, für die Entwicklung sowie Umsetzung niedrigschwelliger Angebote, z.B. im Rahmen von Lerncafés oder Schreibbüros zuständig. Auch sollen sie Schulungen für Verwaltungen und Jobcenter z.B. im Bereich Sensibilisierung anbieten.

Grund-Bildung für alle

Die Konzeption des Volkshochschulverbandes definiert Grundbildung als eine programmbereichsübergreifende Aufgabe. Die Lernangebote reichen von ökonomischer, politischer, digitaler, kultureller und beruflicher Grundbildung über Englisch-Kurse auf A1-Niveau bis hin zu Angeboten zur Prävention im Bereich Gesundheit. Volkshochschulen verfügen nicht nur über ein solches breit gefächertes Angebot, sondern auch über die Erfahrung, die Kurse methodisch-didaktisch zielgruppengerecht zu gestalten. Überdies sind die Einrichtungen durch ihr flächendeckendes Netz meist wohnortnah und gut erreichbar bzw. finden Angebote im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung auch im Sozialraum statt. Und man legt dort Wert auf respektvollen Umgang und eine zwanglose Lernatmosphäre. Dennoch bleibt die Zahl der Teilnehmenden an Grundbildungskursen bisher relativ gering.

Lernen fürs Leben. Mehr Eigenständigkeit durch lebensweltorientierte Grundbildung

Grundlegende Kompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen sind Voraussetzung für ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben. Gering literalisierte Personen nehmen jedoch nur selten an Alphabetisierungskursen der Volkshochschulen teil und haben Schwierigkeiten, die Notwendigkeit zum Lernen zu erkennen. Die Überwindung dieser doppelten Distanz war eines der Ziele des Projektes „Lernen fürs Leben“.

Bis Januar 2022 entwickelte und erprobte der Volkshochschulverband in Kooperation mit dem Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V. lebensweltorientierte Grundbildungsangebote an fünf Standorten (Friedrichshafen, Heidenheim, Ludwigsburg, Schwäbisch Gmünd und Ulm). Die Ansprache potentieller Teilnehmender (deutscher Muttersprachler*innen und Personen mit Migrationshintergrund) erfolgte durch die Mitarbeitenden der Caritas in den sozialen Beratungsstellen. Die Lernangebote wurden von den beteiligten Volkshochschulen und der Caritas gemeinsam konzipiert und durch die Duale Hochschule Baden-Württemberg wissenschaftlich begleitet.

Den Evaluationsbericht der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart sowie den Sachbericht finden Sie hier:

Tipps für Lehrkräfte sowie Kopiervorlagen für den Unterricht befinden sich im Materialienfundus, der im Nachgang des Projektes aufbereitet wurde. Das Material zu den Themen „Kochen, Hygiene und Sicherheit“, „Mieten und Wohnen“ sowie „Wie funktioniert Kindergarten?“ ist praxiserprobt und steht nun kostenlos zum Download bereit.

Zudem ist eine Verknüpfung des Materials mit der Handreichung für Lehrkräfte in Erstorientierungskursen geplant. Die Handreichung eignet sich nicht nur für den Einsatz im Bereich Deutsch als Zweit-/Fremdsprache, sondern auch für den Einsatz im Grundbildungsbereich.

Das Projekt „Lernen fürs Leben“ wurde im Rahmen der AlphaDekade mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.

Laufzeit: 01.01.2019 – 31.01.2022

Aktuelles

Hier finden Sie aktuelle Informationen und Neuigkeiten aus
dem Programmbereich Grundbildung – Alphabetisierung.

Verleihung des Alpha-Siegels an die vhs Karlsruhe durch Staatssekretär Volker Schebesta

Am 6. Dezember 2023 überreichte Staatssekretär Volker Schebesta das Alpha-Siegel an die vhs Karlsruhe. Diese Auszeichnung würdigt das herausragende Engagement der Volkshochschule im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung.

Anstieg der Quoten der Schulabgänger*innen ohne Hauptschulabschluss in Baden-Württemberg

Die im Jahr 2021 gestiegene Zahl von jungen Menschen ohne Schulabschluss hebt die Bedeutung des Zweiten Bildungsweges für unsere Gesellschaft insgesamt hervor. Laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung lag die Quote der Schulabgänger*innen ohne Hauptschulabschluss in Baden-Württemberg im Jahr 2021 bei 5,8 Prozent; im Vorjahr betrug diese 5,2 Prozent. Somit liegt Baden-Württemberg nur noch knapp unter dem bundesweiten Durchschnitt von 6,2 Prozent im Jahr 2021 bzw. 5,9 Prozent in 2020.

Abendschulen in Baden-Württemberg: Aktuelles Stimmungsbild der Schüler*innen durchweg positiv

Im November 2022 wurde eine landesweite Umfrage durch den Volkshochschulverband Baden-Württemberg durchgeführt, mit deren Hilfe nicht nur ein aussagekräftiges Stimmungsbild der Schüler*innen des Zweiten Bildungsweges ermittelt werden konnte, sondern u.a. Angaben zur Herkunft, zur bisherigen Bildungsbiographie und zur Finanzierung von Lebensunterhalt sowie Schul- bzw. Kursgebühren gemacht wurden.

Unterrichtstipps und -material zum Thema Kochen, Hygiene und Sicherheit

Die Vermittlung von Grundbildungskenntnissen durch gemeinsames Kochen wurde erfolgreich im Kurs „Kochen im Quartier“ im Rahmen des Projektes „Lernen fürs Leben“ erprobt.

Inspiration für Ihre Fortbildung

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